Selbstreflexion: Wie ihr endlich herausfindet, wer ihr seid und was ihr eigentlich wollt.

Selbstreflexion: Eine Frau ist Sitrn an Stirn mit sich selbst.

Na, seid ihr mal wieder auf dem Weg zu einer Kostümparty, weil ihr nicht nein sagen konntet? Oder helft ihr am Wochenende zwei Leuten beim Umzug, weil ihr beide nicht enttäuschen wollt? Vielleicht habt ihr im Job eine Aufgabe angenommen, obwohl ihr der gar nicht gewachsen seid? Seid ihr mal wieder auf jemanden wütend, obwohl die Person eigentlich gar nichts dafür kann? Musstet ihr euch mal wieder eine Notlüge einfallen lassen und habt Angst, dass sie auffliegt? Selbstreflexion könnte euch hier das nächste Mal helfen, erst gar nicht in eine dieser Situationen zu kommen und Fragen zu beantworten wie:

  • Was kann ich eigentlich so richtig gut?
  • Was fällt mir schwer?
  • Warum gerate ich immer in dieselbe Situation?
  • Wieso kann ich nie „Nein.“ sagen?
  • Was will ich eigentlich?

Was ist Selbstreflexion?


Selbstreflexion bedeutet, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Das beinhaltet die eigenen Emotionen, Handlungen, Gedanken, Motivationen, Stärken und Schwächen. Wenn ihr diese bei euch verstehen lernt, habt ihr gute Chancen, auch aus Problemen, Konflikten und stressigen Alltagssituationen heraus für die Zukunft einen Vorteil zu erlangen. Es lohnt sich also, einmal tief in euch selbst einzutauchen und zu analysieren: Warum bin ich eigentlich so, wie ich bin?

Definition Selbstreflexion

Das Wort Selbstreflexion setzt sich zusammen aus dem „Selbst“ und der „Reflexion“.

Das „Selbst“ wird je nach Fachgebiet anders definiert. In der Psychologie meint es aber vereinfacht gesagt: Alle Informationen, die wir mit uns selbst in Verbindung bringen können. Das können Gewohnheiten, Charaktereigenschaften, Denkweisen, Wünsche, Ziele, Vorlieben und Abneigungen sein. Viele dieser Eigenschaften erlangen wir im Laufe unseres Lebens aufgrund von Erfahrungen und viele davon sind uns (noch) nicht bewusst.

„Reflexion“ meint, über etwas nachzudenken. Das Thema Selbstreflexion bezieht sich demnach auf das Nachdenken über sich selbst. Oft über gemachte Erfahrungen und wie wir darauf reagiert haben. Das passiert häufig vor allem bei Situationen, die in uns große Emotionen ausgelöst haben.

Bei negativen Erlebnissen fragt ihr euch zum Beispiel: „Warum habe ich nicht einfach das gesagt/gemacht…?“ oder „Hätte ich doch nur das getan.“ Bei positiven Erlebnissen vielleicht etwas wie: „Das war so gut, dass ich gestern noch die Idee hatte.“ oder „Ha, ich habe es doch geahnt, dass der Professor noch eins von den nicht so viel behandelten Themen drannimmt. Nächstes Mal werde ich wieder eine so detaillierte Formelsammlung schreiben.“

Wenn ihr euch aber entscheidet, heute zum Frühstück eine Banane zu essen, wird das eher weniger Emotionen in euch auslösen. Auch wenn die Banane vielleicht nicht lecker war, werdet ihr nicht denken: „Ah, die Banane heute war aber nicht so lecker. Ich werde nie wieder eine Banane zum Frühstück essen.“

Ziel der Selbstreflexion

Das Ziel der Selbstreflexion ist es also, sich selbst und das damit verbundene Handeln, die aufkommenden Emotionen und die Eignung für Aufgaben voraussagen zu können und somit in problematischen Situationen bestmöglich reagieren zu können. So können Konflikte und Stressoren elegant umgangen werden. Daraus entwickelt sich ein Selbstbewusstsein, mit dem wir in der Lage sind, für uns selbst und unsere Werte einzustehen und dies dem Gegenüber sachlich, freundlich und bestimmt zu vermitteln.

Warum ist Selbstreflexion wichtig?


  • Verbesserte Konfliktfähigkeit
    • Selbstreflexion kann in Konfliktsituationen helfen, dass diese uns weniger stressen und einen Kompromiss zu finden, der beide Seiten zufriedenstellt.
  • Weniger Gedankenkarussells
    • Sie kann dabei helfen, weniger über vergangene Situationen zu grübeln und sich zu ärgern. Das senkt unter Umständen sogar das Risiko einer Depression.
  • Weniger Impulsivität
    • Selbstreflexion kann dazu beitragen, Impulse besser kontrollieren zu können. So werdet ihr im Affekt weniger Dinge sagen, die ihr im Nachhinein bereut.
  • Sich selbst besser kennenlernen
    • Sich selbst genau zu kennen und zu wissen was man will und was nicht, hilft, sich weniger oft in unangenehmen Situationen wiederzufinden.

Wie kann ich Selbstreflexion lernen?


Wichtig ist es zunächst, die Bereitschaft zu haben, auch unangenehmen Eigenschaften von sich selbst ins Auge zu sehen und diese anzuerkennen. Niemand ist perfekt und das bedeutet, wir alle haben Eigenschaften, die wir bei anderen kritisieren würden.

Mut zur Selbstreflexion

Wenn ihr jemanden kennt, der wirklich ehrlich mit euch ist (vielleicht eure Eltern, Partner/Partnerin oder auch die beste Freundin): Fragt diesen Menschen doch mal, was die drei besten und was die drei schlechtesten oder nervigsten Eigenschaften von euch sind. Lasst das dann einfach mal auf euch wirken. Stimmt die Einschätzung mit eurer Selbsteinschätzung überein? Oder weichen die Wahrnehmungen total weit voneinander ab? Versucht bei diesem Experiment wirklich die eigenen Gefühle aus dem Spiel zu lassen und euch nicht von den gesagten, negativen Eigenschaften runterziehen zu lassen. Denn die Person ist ja scheinbar trotz der negativen Eigenschaften gerne mit euch zusammen und sie meint das nicht als Kritik an euch, sondern als reine Beobachtung.

Gefühle anerkennen

Grundsätzlich sind alle Gefühle – auch negative – wichtig für uns und erfüllen einen Zweck. Es ist wichtig, alle aufkommenden Gefühle im ersten Schritt anzuerkennen und sie nicht verdrängen zu wollen. Es geht eben nicht darum, dass sie da sind, sondern wie ihr ihnen begegnet.

Aus Wut oder Ärger kann zum Beispiel Motivation entstehen, etwas für die Zukunft positiv zu verändern. Das hättet ihr wahrscheinlich ohne diese starken Emotionen niemals angepackt.

Es gehören immer zwei dazu

Als nächstes könnt ihr mal überlegen, welche Situationen euch am meisten aus der Vergangenheit beschäftigen. Nehmt euch eine davon vor und schreibt ihren Ablauf noch einmal möglichst sachlich auf einen Zettel. Dann notiert, was ihr in dem Moment gefühlt habt und warum er euch so beschäftigt.

Wenn es eine Situation war, für die ihr der anderen Person die Schuld gebt, überlegt mal, wie auch ihr zu ihrem Ausgang beigetragen habt. Und wie ein anderes Reagieren von euch die Situation vielleicht hätte positiv beeinflussen können.

Wenn es eine Situation war, in der ihr euch selbst die Schuld gebt: Überlegt, wie die andere Person die Lage hätte entschärfen können.

Wenn ihr noch Kontakt zu der anderen Person habt und ihr euch traut: Erzählt der Person, was ihr aufgeschrieben habt und fragt, ob sie die Situation ähnlich beurteilen würde. Oder teilt eure Überlegungen mit einer neutralen Person und bittet diese sie einmal sachlich zu beurteilen. Ihr könnt hierbei auch anfangs im Unklaren lassen, wer welche Aussage getätigt hat – zum Beispiel indem ihr nur von Person A und Person B sprecht. So bekommt ihr eine wirklich objektive Aussage.

Macht das nun mit weiteren Erlebnissen, sodass ihr ein kleines Nachschlagewerk habt. Wenn ihr das nächste Mal in eine ähnliche Situation kommt, habt ihr dann einen kleinen Leitfaden im Kopf, wie es besser klappen könnte. Und wenn eure ausgedachte Strategie dann wieder nicht funktioniert, nehmt das als Motivation dem Rätsel durch weitere Ideen auf die Schliche zu kommen.

Sich selbst besser kennenlernen

Versucht euch selbst besser kennenzulernen. Schreibt mal fünf Aktivitäten auf, die ihr gerne macht. Vielleicht spazierengehen, kochen und Serien schauen. Dann überlegt ihr, warum ihr diese Aktivitäten eigentlich gerne macht. Vielleicht liebt ihr die Ruhe in der Natur, weil der Alltag sonst immer stressig ist. (Das gibt schon einmal andere Hinweise auf euer Leben, die vielleicht gut oder auch noch nicht so gut laufen.)

Dann schreibt mal fünf Aktivitäten auf, die ihr gar nicht mögt und danach auch, warum ihr die nicht mögt. Vielleicht geht ihr nicht gerne in Clubs, weil die Reizüberflutung dort einfach zu groß ist. Erkennt das an und akzeptiert alle Vorlieben und Abneigungen als einen Teil von euch, der euch einzigartig macht.

Nun schreibt mal fünf Aktivitäten auf, die euch zufällig in den Sinn kommen, die ihr aber noch nie ausprobiert habt. Beurteilt sie danach, ob ihr sie eher mögen oder nicht mögen würdet.

Ein spannendes Experiment wäre jetzt eine von den Aktivitäten, die euch wohl gefallen würde auszuprobieren und vielleicht eine, bei der ihr denkt, dass es wohl eher nichts für euch wäre, ihr euch aber vielleicht nicht ganz sicher seid. Nehmt bei zweiterer Aktivität eine Vertrauensperson mit und gebt euch schon im Vorhinein die Möglichkeit, die Aktivität jederzeit ohne schlechtes Gewissen abzubrechen und stattdessen Plan B (vielleicht in euer Lieblingscafé zu gehen) auszuführen.

Und habt ihr euch richtig eingeschätzt? Oder vielleicht sogar neue Seiten an euch entdeckt?

Stärken und Schwächen erkennen

Wenn ihr die Übung oben bereits gemacht habt, kennt ihr immerhin schon einige Stärken und Schwächen an euch und wie andere sie einschätzen. Jetzt seid ihr an der Reihe: Im Folgenden findet ihr ein paar Charaktergegenteile. Nehmt euch die Zeit und schätzt euch auf einer Skala von eins bis fünf selbst ein.

Als Bonus: Lasst eine vertraute Person den gleichen noch leeren Bogen für euch ausfüllen und vergleicht die Ergebnisse. Stimmen sie überein?

Denk- & Handlungsstil

  1. spontan – – – – – geplant

  2. analytisch – – – – – intuitiv

  3. risikoaffin – – – – – sicherheitsliebend

  4. entscheidungsfreudig – – – – – abwartend

  5. zielorientiert – – – – – prozessliebend

Soziales Verhalten

  1. extrovertiert – – – – – introvertiert

  2. teamorientiert – – – – – einzelgängerisch

  3. dominant – – – – – anpassungsbereit

  4. durchsetzungsstark – – – – – kompromissbereit

  5. offen – – – – – zurückhaltend

Motivation & Arbeitsweise

  1. leistungsorientiert – – – – – gelassen

  2. detailverliebt – – – – – überblicksorientiert

  3. strukturiert – – – – – flexibel

  4. praxisbezogen – – – – – theoretisch denkend

  5. ehrgeizig – – – – – zufrieden mit dem Status quo

Persönliches Empfinden

  1. optimistisch – – – – – pessimistisch

  2. selbstsicher – – – – – selbstkritisch

  3. belastbar – – – – – schnell gestresst

  4. kontrolliert – – – – – impulsiv

  5. veränderungsfreudig – – – – – bewahrend

Wie kann ich Selbstreflexion in meinen Alltag integrieren?


Tagebuch schreiben

Schreibt am besten morgens einmal auf, was ihr gestern für Situationen erlebt habt, die euch im Gedächtnis geblieben sind. Notiert eure Gefühle und haltet fest, falls ihr euch das nächste Mal in einer ähnlichen Situation anders verhalten möchtet.

Antworten aufschieben

Wenn jemand eine Entscheidung von euch verlangt oder auch etwas sagt, was euch kränkt, dann schiebt die Antwort erstmal auf. Gerade, wenn es Entscheidungen sind, von denen viel abhängt oder Personen euch gekränkt haben, die euch wichtig sind. Sagt immer erstmal: „Da muss ich erstmal eine Nacht drüber schlafen.“ oder „In Ordnung ich werde darüber nachdenken und dir morgen Bescheid geben.“ Diese Regel wird euch vor Vielem bewahren, worüber ihr euch später geärgert hättet. Denn es ist oft so, dass der Blick am nächsten Morgen ein ganz anderer, viel selbstreflektierterer ist, als der in der Situation selbst. Ihr könnt die Situation am nächsten Morgen nochmal ganz in Ruhe mit weniger Emotionen durchdenken und eine Antwort geben, die etwas positiv und nachhaltig verändert.

Eure Alarmglocken sollten übrigens immer schrillen, wenn jemand euch zu einer Entscheidung drängen will oder etwas Wichtiges schnell zwischen Tür und Angel klären möchte! Lasst euch auf so etwas niemals ein!

Meditation

Meditation hilft, die Gedanken und Gefühle mal einen Moment pausieren und ziehen zu lassen. Danach könnt ihr erneut mit frischem Blick auf die Ereignisse schauen und diese neu beurteilen.

Innehalten

Wenn ihr zwischendurch merkt, dass Emotionen in euch hochkochen, dann nehmt euch zehn Minuten, um aus der Situation zu distanzieren. Im Büro macht ihr euch vielleicht erstmal einen Kaffee, bei einem Treffen mit Freunden, geht auf die Toilette oder schnappt etwas frische Luft.

Dann haltet ihr inne und fragt euch: Was ist gerade das Problem? Was fühle ich? Warum fühle ich so? Wie kann ich die Emotion nutzen, um das Problem anzugehen? Was wäre ein guter Kompromiss? Kann ich herausfinden, was die andere Person fühlt und warum sie so gehandelt hat? (Achtung: Niemals einfach Vermutungen über die andere Person aufstellen und diese dann als gesetzt nehmen! Also besser: Der Person sachlich erklären, wie ihr euch gerade dabei gefühlt habt und abwarten, was diese dann darauf entgegnet. Meistens war das von der Person gar nicht beabsichtigt, solche Gefühle in euch auszulösen und die Situation wird sich von selbst auflösen.)

Bonus-Tipp: Stellt euch beim Innehalten vor einen Spiegel und führt ein Selbstgespräch. Wir neigen dazu, ehrlicher mit uns zu sein, wenn wir uns dabei selbst anschauen.

Fazit


Es ist ganz normal, dass ihr es im Alltag nicht schaffen werdet, permanent selbstreflektiert zu sein. Wir alle haben Emotionen, die uns manchmal einfach überkommen und uns im Affekt handeln lassen. Und trotzdem: Je mehr wir uns über uns selbst bewusst sind, desto leichter fällt es, den Ausgang von Situationen voraussagen zu können. So können wir jedes Mal etwas besser reagieren und diese Probleme, in die wir uns hineinmanövrieren, in Zukunft reduzieren. Wir lernen, in Konflikten erstmal Ruhe zu bewahren und Probleme zu vertagen, um diese reflektiert anzugehen und Stress zu vermeiden. Wir lernen uns besser kennen und können mit gutem Gefühl auch einmal nein sagen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Was habt ihr für Strategien, Selbstreflexion im Alltag einzubauen? Findet ihr Selbstreflexion wichtig? Schreibt uns gerne eure Meinung und Anregungen zu dem Thema in die Kommentare.

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Quellen:

https://www.aok.de/pk/magazin/wohlbefinden/achtsamkeit/selbstreflexion-lernen-und-negative-gefuehle-nutzen/

https://www.deselfie.de/was-ist-selbstreflexion/

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