Beim Thema Politik scheiden sich die Geister. Während man immer häufiger von Politikverdrossenheit der Deutschen liest, scheint es, als seien politische Themen in den Medien derzeit präsent wie nie. Die Flüchtlingspolitik, die Demonstrationen zu „Fridays for Future“ und die Besetzung der Posten im Bundestag lösen immer wieder lebhafte Debatten in den Medien aus. Doch wie steht es wirklich um das Politikinteresse der Deutschen? Sind wir wirklich so politikverdrossen, wie man manchmal meinen mag? Wir haben dir mal ein paar Infos und Statistiken zum Thema zusammengetragen.
Inhalt
Eine Welle des Politikinteresses?
Wenn man die aktuelle Berichterstattung in den Medien verfolgt, hat man derzeit eher nicht den Eindruck, dass die Deutschen politisch völlig desinteressiert sind. Vielmehr hat es den Anschein, als würden sich die Menschen hierzulande und in ganz Europa wieder mehr dafür interessieren, welche Entscheidungen von Politikerinnen und Politiker getroffen werden.
So lag beispielsweise die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen in Deutschland auf dem höchsten Niveau seit 20 Jahren: 61,4 Prozent aller wahlberechtigten Deutschen machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Das ist ein Anstieg um über 13 Prozent im Vergleich zu den letzten Wahlen 2014.
Auch in den anderen Ländern der Europäischen Union ist die Wahlbeteiligung teilweise stark angestiegen. Durchschnittlich lag sie bei den Europawahlen 2019 in der Europäischen Union bei etwas mehr als 50 Prozent.
Und auch in der jüngeren Generation scheint politisches Engagement derzeit wieder angesagt zu sein. Bestes Beispiel sind die „Fridays For Future“-Demonstrationen, für die seit Monaten jeden Freitag junge Menschen in mehr als 100 Ländern auf die Straße gehen. In Deutschland findet die Protestbewegung für den Klimaschutz, die von der Schwedin Greta Thunberg ins Leben gerufen wurde, in mehr als 170 Städten statt. Die Demonstrierenden sind im Schnitt zwischen 14 und 19 Jahren alt.
Nach Politikverdrossenheit klingt das nicht gerade. Aber was steckt eigentlich hinter dem Begriff?
Was ist Politikverdrossenheit?
Immer wieder fällt in der medialen Berichterstattung dieser Begriff, doch die wenigsten haben eine wirkliche Definition parat. Zuerst einmal ist Politikverdrossenheit ein eher umgangssprachlicher Begriff, den man auch unter Politikmüdigkeit oder Politikverdruss kennt. Unter ihr versteht man eine negative Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zur Politik, die geprägt ist von Misstrauen, Ablehnung, Unzufriedenheit und Interessenlosigkeit.
Der Begriff tauchte erst Ende der achtziger Jahre zum ersten Mal auf und wurde 1992 sogar zum „Wort des Jahres“ gewählt. Wenige Jahre später wurde Politikverdrossenheit auch in den Duden aufgenommen und ist spätestens seitdem im deutschen Sprachgebrauch angekommen.
Politisches Interesse in Deutschland
Doch wie sieht es nun aus mit dem Politikinteresse der Deutschen? Wir haben mal einen Blick auf ein paar aktuelle Studien geworfen.
Fakt ist: Das Interesse an Politik befindet sich laut einer Studie des IfD Allensbach seit Jahren auf nahezu dem gleichen Niveau. Es ist in den letzten Jahren also kein Trend in die eine oder andere Richtung zu erkennen. In einer Umfrage des IfD Allensbach im Jahr 2018 gaben 76,7 Prozent aller befragten Männer und 63,9 Prozent aller befragten Frauen an, ein allgemeines Interesse an Politik haben. Besonders interessiert waren hingegen nur 30,1 Prozent der Männer und 17,2 Prozent der Frauen. Kaum bis gar kein Interesse an der Politik haben laut der Studie 36,1 Prozent der Frauen und 23,3 Prozent der Männer.
Was jedoch das Vertrauen in die Aussagen von Politikerinnen und Politikern angeht, ist nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ein deutlicher Abwärtstrend zu erkennen. In einer Umfrage von Ipsos im Jahr 2018 wurden Menschen aus Frankreich, Deutschland, Russland, dem Vereinigten Königreich und den USA befragt, ob sie glauben, dass der durchschnittliche Bürger der Meinung sei, dass Menschen in der Politik heute öfter oder seltener die Wahrheit sagen als vor 30 Jahren. Ganze 65 Prozent der Befragten in Deutschland gaben auf diese Frage die Antwort „weniger“, im Gegensatz zu nur 5 Prozent, die mit „mehr“ antworteten. Auch in den anderen Ländern sehen die Tendenzen ähnlich aus.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch in einer weiteren Frage o. g. Studie erkennen. So sind knapp die Hälfte der Deutschen der Meinung, dass es heute mehr Lügen und Missbrauch von Fakten in der Politik und in den Medien gibt als noch vor 30 Jahren. In den USA sind sogar 69 Prozent der Meinung, dass es mehr Lügen und Faktenmissbrauch gibt.
Und auch das Thema Emotionen und Politik erregt die Gemüter. So sind laut einer Umfrage von infratest dimap 80 Prozent der Befragten der Meinung sind, in der aktuellen Politik gehe es zu viel um Emotionen statt um die Sache.
Wie äußert sich geringes Vertrauen in die Politik?
Das geringe Vertrauen in die Politik äußert sich natürlich auch im alltäglichen Leben. So gehen Menschen, die mit der Politik unzufrieden sind, seltener wählen und engagieren sich auch sonst weniger in der Politik. Und das wiederum spiegelt sich in einer generell sinkenden Wahlbeteiligung wieder.
Auch eine Bindung zu den Parteien entsteht immer weniger. Vor allem die SPD hat das in den vergangenen Jahren zu spüren bekommen. Die Volkspartei hatte einen sehr starken Mitgliederschwund zu verzeichnen. Damit einher gingen auch schlechte Wahlergebnisse. So hatten die Sozialdemokraten 1990 noch 943.000 Mitglieder, während es 2019 nur noch 426.000 Mitglieder sind. Auch bei der Union aus CDU und CSU ist ein hoher Schwund von 975.000 auf 554.000 Menschen mit Parteibuch.
Die Wünsche der Jugend
Schaut man genauer hin, fällt auf woher der starke Schwund der großen Volksparteien kommt. In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil an Rentnerinnen und Rentnern sowie Pensionierten stark angestiegen. Und die durchschnittlichen Wählerinnen und Wähler von SPD und CDU sind 52,8 Jahre alt. Von dieser Politik fühlen sich viele junge Menschen in Deutschland mit ihren Wünschen, Interessen und Vorstellungen nicht abgeholt.
Vor allem die „Fridays for Future“-Demonstrationen zeigen, wie wichtig Themen wie der Klimawandel, Arbeitsmarkt und Zukunft den Jugendlichen sind. Häufig werden in die Wahlkampagnen kurzfristige Versprechungen wie Rentenerhöhungen aufgenommen, die für die Legislaturperiode Wählerstimmen sichern, aber langfristig keinen Einfluss auf die Zukunft der jungen Menschen haben.
In einer weiteren Umfrage von IfD Allensbach aus dem Jahr 2017 wird ersichtlich, dass 49 Prozent der befragten jungen Erwachsenen nur wenig Vertrauen in die Politik haben.
Besonders wichtig sind für die 15-24-Jährigen angepasste Lehrpläne auf Bedarfe im Alltag und im Beruf. Häufig sind diese nämlich nicht nur veraltet, sondern auch nicht auf dem aktuellen Stand der Digitalisierung. Auch die technische Ausstattung an Schulen und Universitäten muss laut der Umfrage verbessert werden.
Darüber hinaus wünschen sich die jungen Menschen von der Politik, dass alle – unabhängig von Herkunft und Geschlecht – die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Auch bessere Aufstiegschancen für Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien ist ein Wunsch an die Politik.
Wissen ist Macht und macht Spaß
Doch wie kann man Menschen dazu motivieren, sich wieder mehr für das politische Geschehen in Deutschland zu interessieren? Schließlich genießen wir den großen Luxus, in einer Demokratie zu leben – und diese lebt nun auch einmal davon, dass die Bürgerinnen und Bürger eines Landes sich an der Politik beteiligen. Und sei es nur, indem sie das politische Geschehen verfolgen und zu den Wahlen gehen.
Wie so häufig gilt auch hier: Wissen ist Macht. Denn nur wer weiß, wie das politische System in Deutschland eigentlich funktioniert, kann auch auf Augenhöhe mitdiskutieren und sich seine eigene Meinung über das Zeitgeschehen bilden. Und das sollte schon in der Schule anfangen – mit innovativen Lehrmethoden und Unterricht, der an die Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler anknüpft und ihnen so zeigt, wie Politik Einfluss auf ihr tägliches Leben hat.
Wenn auch du dich nur noch dunkel an den Politikunterricht in der Schule erinnern kannst und das Gefühl hast, eine Auffrischung täte dir mal ganz gut, dann haben wir noch einen ziemlich guten Tipp für dich: unseren kostenlosen Online-Kurs „Das politische System der BRD“.
Kostenloser Online-Kurs: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland

Im MOOC „Das politische System der BRD“ ist alles zusammengefasst, was du zum Thema wissen musst – und zwar angefangen von der Gründung Deutschlands, über das Wahlsystem bis hin zu aktuellen Themen wie Populismus oder Klimawandel. Wir versprechen dir: Nach dem Kurs bist du wieder fit wie ein Turnschuh, was das politische System in Deutschland angeht.
Folgende Themen erwarten dich in dem kostenfreien Online-Kurs:
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- Legislative und Förderalismus
- Exekutive
- Judikative und „vierte Gewalt“
- Außenpolitik der BRD
- Soziale Marktwirtschaft
- Populismus, Klimawandel, Soziale Ungleichheit
Durch den Kurs führt Professor Dirk Nabers, der am Institut für Sozialwissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel arbeitet. In spannenden Videos gibt es allerlei Input zum Thema, teilweise in Interviews mit Expertinnen und Experten aus dem Gebiet. Falls du übrigens keine Lust auf Videos hast, kannst du dir die Inhalte auch einfach als Transcript durchlesen, ganz wie es dir besser gefällt. Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Quizzes, mit denen du das Gelernte überprüfen kannst. Hast du am Ende des Kurses ausreichend Fragen richtig beantwortet, kannst du dir dein Weiterbildungszertifikat am Ende ganz entspannt runterladen.
Ob nur zehn Minuten oder drei Stunden am Tag: In diesem MOOC kannst du ganz in deinem Tempo lernen und jederzeit darauf zugreifen. Du kannst auch zwischen den Kapiteln hin- und herspringen und dir so die Themen rauspicken, die dich am meisten interessieren. Also, tu was für dein Allgemeinwissen und fange am besten direkt an!
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Wenn es gerne noch mehr Politik sein darf, dann setzt der MOOC „Vergleichende Politikwissenschaft“ noch einen drauf. Hier werden – ebenfalls von Kursautor Professor Dirk Nabers – kritisch wichtige Grundfragen der vergleichenden Regierungslehre besprochen.
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Auch dieser Online-Kurs ist kostenlos und wenn du die Quizzes im Kurs richtig beantwortet, kannst du dir am Ende ein Teilnahmezertifikat herunterladen. Schreib dich also am besten direkt ein und leg los! Denn politisches Wissen kann man nie genug haben!
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